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Editorial I Fondsjournal September 2023

10 Gedanken für den Herbst 2023

Sollten Sie in den beiden vergangenen Sommermonaten Ihren Nachrichtenkonsum bezüglich Finanzmarkt deutlich eingeschränkt haben, dann haben Sie mit Beginn September in doppelter Hinsicht keinen Anlass zur Befürchtung, etwas versäumt zu haben.
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Erstens, weil Geldanlage ohnehin eine starke strategische Komponente haben sollte, unabhängig von den Tagesschwankungen. Zweitens, weil es ein vergleichsweiser sehr ruhiger Börsensommer war. Die Nachrichtenlage wird sich aber in den kommenden Wochen wieder verdichten, anstehende Notenbankentscheidungen werden mit Spannung erwartet und rasch wird sich im bald anstehenden vierten Quartal der Blick Richtung Jahr 2024 wenden. Wir wollen daher in gewohnter Form das Umfeld in zehn Gedanken zusammenfassen, immer mit dem Blick Richtung Horizont und nicht auf die täglichen Wellen und immer mit dem Ziel, Wichtiges zu beobachten und Unwichtiges zu relativieren.
 

10 GEDANKEN FÜR DEN HERBST 2023

Gedanke 1
1000 Milliarden US-DOLLAR
Der Staat USA gibt viel Geld aus und verschuldet sich recht rasant. Ungeachtet der vorerst positiven Konjunktureffekte gilt es aber auch einen Blick auf die Langfristtrends zu werfen. Die Staatsverschuldung relativ zu einer Jahreswirtschaftsleistung liegt im 120-Prozent-Bereich, mit der uns so eigenen europäischen Brille ein sehr hoher Wert. Steigende Schulden und zuletzt steigende Zinsen führen dazu, dass im Jahr 2024 die USA allein für den Zinsendienst über 1000 Milliarden US-Dollar werden aufwenden müssen, ohne damit auch nur einen Dollar an Schulden getilgt zu haben. Dieser Wert hat sich in den vergangenen fünf Jahren etwa verdoppelt. Ungeachtet der Entwicklung in den kommenden Quartalen bleibt es daher schwer vorstellbar, dass die aktuell hohen Zinsen und Renditen uns das ganze Jahrzehnt begleiten werden.


Gedanke 2
BRICS – UND MEHR…
Hohe mediale Aufmerksamkeit hatte zuletzt das Treffen der sogenannten BRICS-Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Die an sich schon recht illustre Runde wurde um vorerst sechs Staaten erweitert: Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Dieser neue Block steht für etwa 46 % der Weltbevölkerung und für etwa 37 % der Weltwirtschaftsleistung, gemessen an der Kaufkraft. Ziel bleibt es, sich vom US-Dollar unabhängiger zu machen. Ob irgendwann daraus auch eine eigene Währung entsteht, ist offen und wenn, dann wohl sehr weit in der Zukunft. Die Entwicklung bleibt zu beobachten, für klare Handlungsempfehlungen in der Geldanlage ist es aber zu früh.

Gedanke 3
DIE PRODUZENTENPREISE – EIN DÉJÀ-VU?
Etwa sechs Monate, bevor die Inflationswelle 2021 an Fahrt aufnahm, zeigten die Produzentenpreise bereits einen deutlichen Anstieg. Ein Überschwappen der Welle auf die Konsumentenpreise war entgegen der allgemeinen Erwartung die klare Folge, selbst die Notenbanken haben die Dimension anfangs deutlich unterschätzt, wir waren an tiefe Inflation gewohnt. Menschen neigen dazu, das aktuelle Umfeld fortzuschreiben. Aktuell sehen wir ein Déjà-vu – aber in der umgekehrten Richtung. Die Produzentenpreise fallen deutlich, der Lageraufbau findet statt, ein volles Lager führt auf Sicht zu Rabatten und sinkenden Preisen. Die Exportpreise aus China sind von der Spitze weg um etwa 20 % gefallen. China exportiert sozusagen Deflation in die Welt. Dies alles findet in der aktuell oft auch recht aufgeheizten Inflationsdiskussion wenig Würdigung. Weil Menschen dazu neigen, das aktuelle Umfeld fortzuschreiben. Zentrale Herausforderung bleiben wohl die hohen Preise im Dienstleistungssektor.
Dennoch: Eine der Überraschungen 2024 könnte sein, dass die Inflationsraten viel deutlicher fallen als wir sie heute am Radar haben.

Gedanke 4
ZINSPAUSE
Sowohl FED als auch EZB haben sich für den Herbst alle Möglichkeiten offengehalten. Dies ist grundsätzlich gut, da datenbasiert vorzugehen in jedem Fall besser ist, als stur einem Prinzip zu folgen. Der Zinserhöhungszyklus hat vor gut einem Jahr begonnen und es dauert eben auch im Schnitt etwa ein Jahr, bis die Zinserhöhungen ihre Wirkung in der Realwirtschaft entfalten. Bemerkenswert ist an dieser Stelle, dass in unseren Breitengraden oft die gleichen politischen Stellen, die vorher lautstark Zinserhöhungen der EZB gefordert haben, nunmehr viele Aktionen setzen, um die logischen und auch nötigen Folgen eben dieser Zinswende dann doch nicht eintreten zu lassen. Wir gehen davon aus, dass sowohl FED als auch EZB vorerst pausieren werden. Wir würden dies nach der aggressiven Vorgangsweise in den vergangenen zwölf Monaten auch für richtig finden. Aus dem „Gipfel“ wird aber vorerst ein „Hochplateau“ werden. Der starke Arbeitsmarkt mit dem Rückenwind der Demografie verändert den klassischen Zusammenhang zwischen Konjunktur und Arbeitsmarkt. Zinssenkungen sind wohl vor dem zweiten Quartal 2024 kein Thema.

Gedanke 5
HARD-LANDING, SOFT-LANDING, NO-LANDING?
Zuerst wurde angesichts der Zinswende historischer Dimension inklusive inverser Zinskurven in den USA eine harte Landung der Wirtschaft erwartet, mit einer Rezessionswahrscheinlichkeit deutlich jenseits 50 %. Zunehmend wurde eine sanfte Landung der Wirtschaft das Kernszenario. Über die Sommermonate wurde in den USA sogar das sogenannte „No-Landing“ der Wirtschaft thematisiert. Die US-Wirtschaft ist bemerkenswert widerstandsfähig, die Konsenserwartungen liegen bei einem realen Wachstum von 1,7 % im Jahr 2023. Deutschland und Österreich können hier nicht mithalten. Umso wichtiger ist es, die Themen und Stimmungen im Inland nicht als Muster für das globale Umfeld zu sehen. Die Wachstumserwartungen für die Weltwirtschaft liegen im Bereich von 2,5 %. Die Kombination unserer Wahrnehmungen von Zinsen, wo wohl ein „higher for longer“ ansteht, von Lageraufbau und von einer Chinaschwäche macht uns, was die Konjunktur betrifft, aber vorsichtiger als der allgemeine Konsens zeigt.

Gedanke 6
ANLEIHEN – DIE ÜBERZEUGUNG BLEIBT
Wenn wir davon ausgehen, dass der Zinserhöhungszyklus in der Endphase steht, dass die Inflationsraten weiter sinken werden und dass wir vorerst weder Rezession noch hohes Wirtschaftswachstum sehen, dann bleibt die seit Monaten kommunizierte Überzeugung für Anleihen aufrecht. Wir denken auch, dass es nunmehr an der Zeit ist, auch die Laufzeiten zu verlängern. Warum soll ich eine 5- oder 6-jährige Anleihe kaufen, wenn ich doch auch für 12 Monatsbindungen so hohe Zinsen bekomme? Diese klassische Frage ist der trügerische Reiz einer flachen oder sogar inversen Zinskurve. Ohne auf die aktuelle Kreditdiskussion „fix“ oder „variabel“ einzugehen, am Ende des Tages ist alles Meinung und Einschätzung. Wir meinen, dass die kurzfristigen Zinsen in einem Jahr tiefer stehen werden als heute und sichern uns daher gerne in Schritten und ohne Eile das aktuelle Renditeniveau für fünf oder mehr Jahre.

Gedanke 7
HOCHZINSANLEIHEN FÜR AKTIENAFFINE ANLEGER-GRUPPEN
Geldanlage war und ist immer eine Abwägung von Risiken, von Risikotragfähigkeiten und von Renditeerwartungen. Anleihen von Unternehmen unterhalb des sogenannten Investmentgrade-Ratings oder auch Hybrid-Papiere sind klarerweise riskanter als die klassischen soliden Investmentgrade-Papiere und kommen daher eher nur für Anlegergruppen in Frage, die damit umgehen können und deren Risikotragfähigkeit eher im Aktienbereich anzusiedeln ist. Wir haben uns fast ein Jahrzehnt in diesem Bereich nicht sonderlich exponiert, da im Null- und Tiefzinsumfeld die Renditeerwartungen selbstdieser riskanteren Papiere nur bedingt überzeugten. Dies hat sich fundamental verändert. Strategien aus High-Yield-Papieren und Hybrid-Anleihen bringen aktuell Renditeerwartungen von 6 bis 7 %. Wir sehen trotz der klarerweise auch gestiegenen Basiszinsen attraktive Niveaus und greifen derzeit vergleichsweise beherzter zu. Aus Sicht eines Risikomanagements macht es Sinn, dafür in einem Mischportfolio die Aktienquote nicht voll auszunützen.

Gedanke 8
AKTIENMARKTBEWERTUNG NEUTRAL
Die globalen Aktienmärkte bewegen sich bewertungsmäßig weitgehend im neutralen Bereich, der Weltaktienindex liegt bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der Gewinnerwartungen für die kommenden 12 Monate von gut 16 und damit nur leicht über den langjährigen Mittelwerten. Der Blick auf den Index zeigt aber oft wenig von der Dynamik, die auf Einzeltitelebene herrscht. Der breite US-Index, bestehend aus 500 Einzeltiteln, liegt bei einer KGV-Bewertung von wieder über 20. Die Top10-Aktien um Apple, Microsoft, NVIDIA & Co haben ein KGV von im Schnitt knapp 30; würde man diese Titel aus dem Index rausrechnen, so handeln die verbliebenen 490 Aktien mit einem recht soliden KGV von nur knapp 16. Die insgesamt solide Aktienentwicklung 2023 ist bemerkenswert und angesichts der Entwicklung der Zinsmärkte durchaus überraschend positiv. Die düsteren Konjunkturprognosen aus dem Spätherbst 2022 sind allesamt nicht eingetroffen, die Gewinnausweise konnten in der überwiegenden Mehrheit die Markterwartungen übertreffen. Auch hier deckt aber der Boom der KI- und Digitalisierungsaktien sowie einzelner Gesundheitstitel manch komplexere Umgebung in anderen Branchen zu. Aus Bewertungssicht erwarten wir vorerst keine deutlich tieferen oder deutlich höheren Kurse.

Gedanke 9
AKTIEN TAKTISCH UND STRATEGISCH
Unsere strategische langfristige Überzeugung dem Aktienmarkt gegenüber ist aber ungebrochen. Innovative Unternehmen schaffen Mehrwert und ermöglichen eine Beteiligung am Wachstum der Weltwirtschaft. Geht man 10 Jahre oder 25 Jahre zurück, dann liegt das annualisierte Gewinnwachstum der 500 Unternehmen des breiten amerikanischen Aktienindex bei jeweils knapp über 7 % p.a., klarerweise nicht mit dem Lineal gezogen, sondern durchaus mit markanteren Schwankungen in den Kalenderjahren. Spricht etwas dagegen, dass dies in den kommenden 25 Jahren auch so sein wird? Wohl nein. Dass wir in unseren verschiedenen Mischmandaten die Aktienhöchstquote derzeit nur zu etwa zwei Drittel ausnützen, spricht daher nicht automatisch gegen Aktien, sondern spricht eben wie beschrieben für Anleihealternativen, die wir in dieser Dimension ein Jahrzehnt lang nicht hatten.

Gedanke 10
UNSER MUSTERPORTFOLIO IM HERBST 2023
Je nach Umfeld von Anlagehorizont und Risikotragfähigkeit unterscheiden sich auch Anlagestrategien. Unser symbolisches Musterportfolio hat sich über die Sommermonate nicht verändert. Wir investieren mindestens 50 % in den Anleiheteil. Dort sind wir weitgehend voll investiert und wagen uns risikobewusst und wohldosiert auch in riskantere Segmente wie Hochzinsanleihen, Hybrid-Anleihen oder Anleihen aus Emerging-Markets vor. Mit dieser kreativen Mischung bewegen sich die Renditeerwartungen bei etwa 5 %. Für den Aktienbereich sehen wir etwa 40 % vor, nutzen diesen Teil aber aktuell nur etwa zu zwei Drittel aus und warten die weitere Entwicklung ab. Aus heutiger Sicht halten wir bis Jahresende Zukäufe für wahrscheinlicher als Verkäufe. Wir vermeiden Extrempositionierungen nach Branchen und Stilen, achten auf globale Ausgewogenheit. Etwa 7 % sehen wir für die Ecke Rohstoffe/Gold vor und schätzen im Portfoliokontext die Diversifikator-Funktion.
 

STREUUNG UND WENIG HEKTIK
Lässt man die Jahre 2020 bis 2023 im Zeitraffer Revue passieren, dann wurden Zins-, Konjunktur- und Marktzyklen in hohem Tempo in eine historisch doch kurze Periode zusammengedampft. Als lehrreiche Erkenntnis dieser Zeit bleibt, dass weniger oft mehr ist. Häufiges oder hektisches Ändern der Strategie brachte in diesen turbulenten Jahren keinen Mehrwert. Der Rat von Warren Buffett, sich nicht zu viel mit Prognosen zu beschäftigen, überzeugt.

Es gibt aber auch etwas, wo wir Warren Buffet aus Streuungsgründen nicht folgen wollen und auch nicht können. Die Gewichtung von Apple-Aktien innerhalb seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway liegt mittlerweile bei etwa 50 Prozent ...

Ihr Alois Wögerbauer

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